betül ulusoy

Schwein und Sucuk in der Pfanne

Merhaba!

(…) Nun habe ich ein Anliegen. Vllt kannst du mir ja behilflich sein: Wie kann ich einem Nicht-Muslim eigentlich erklären, dass das Schwein nicht mit dem Helal-Würstchen in Berührung kommen oder nach dem Schwein auf dem selben Grill landen darf? Ich habe mir heute Gedanken darüber gemacht und mich wirklich schwer getan, jemandem das zu erklären – Vor allem, wenn die Person sich quer stellt und es nicht verstehen mag und es als übertrieben ansieht.

Wäre echt toll , wenn du dazu einen tollen Vergleich hättest oder eine gute Erklärung, die diesen Menschen einleuchtet.

Ich danke dir vielmals im Voraus!

Merhaba,

ehrlich gesagt finde ich solche Diskussionen leicht überflüssig. Ich verstehe, wenn Leute fragen, warum Muslime kein Schwein essen. Allerdings kann ich es nicht ganz nachvollziehen, warum man das nach einer Erklärung dann nicht akzeptieren kann und immer noch ein „aber“ nachgeschoben wird, hier also das: „Aber warum darf der Sucuk nicht mit der Wurst in Berührung kommen?“. Wenn jemand partout nicht verstehen will, dass in der selben Pfanne das Fett des Schweins zerläuft und sich mit dem Sucuk vermischt, ich also, wenn ich meinen Sucuk esse, auch das Schweinefett esse, obwohl ich ja eigentlich kein Schwein esse – mit dem lohnt es sich vielleicht auch gar nicht, zu diskutieren.

Wenn du dir dennoch netterweise die Mühe machst, könnte eventuell folgendes Beispiel helfen: Wenn man sich von bestimmten Dingen fern halten will, muss man oft gleichfalls Dinge meiden, die damit in Berührung kommen. Sonst kann man das zu Vermeidende nicht effektiv umgehen. Wenn ich also ein Gegner des Rauchens bin und selbst nicht rauche und das auch ablehne, aber dennoch mit meinen Kollegen vor dem Büro stehe, während diese rauchen, habe ich – wohl oder übel – den Geruch an mir haften. Ich rieche für die nächste Zeit genau so, wie es auch ein Raucher tun würde – abgesehen von den Auswirkungen des Passivsrauchens. So kann man sich das auch mit dem Schwein in der Pfanne vorstellen: Auch wenn ich das Schwein nicht selbst auf dem Teller habe, wird das Schwein, weil es mit meinem Sucuk vor dem Büro stand, äh, in der Pfanne lag, auf mein Sucuk abgefärbt haben. Das möchte ich vermeiden. Darum vermeide ich die gleiche Pfanne oder den selben Grill.

Ich verstehe im Übrigen nicht, warum das Leute stört, die selbst nicht darauf achten (müssen). Sie können ja fröhlich weiter essen und mich in Ruhe lassen. Übrigens sind Muslime in dieser Hinsicht ja noch „gut dran“. Ich habe jüdische Freunde, die auch Geschirr und Besteck meiden, die je mit Schwein in Berührung kam (und ja auch sonst getrenntes Geschirr haben). Also ganz easy.

Das Beispiel mit dem Rauchen wird übrigens in Moscheen Kindern gerne erzählt, wenn es um die Auswahl von Freunden geht: Suche dir einen guten Freund, denn wenn du einen schlechten hast, dann färbt er auf dich ab, auch wenn du selbst nicht die schlimmen Dinge tust, die dein Freund tut. Das geht darum auch positiv: Halte dich zehn Minuten bei Douglas auf, ohne selbst ein Parfum zu benutzen, und du wirst beim Verlassen dennoch gut riechen. Gute Freunde färben also auch ab.

Alles letztes vielleicht noch der Hinweis: Beim Schwein unterlaufen die meisten Menschen genau dem selben Fehler, wie beim Kopftuch: Sie fixieren sich extrem darauf, obwohl es von Seiten der Muslime nicht so ist. Tief durchatmen und einen Schritt zurück treten hilft: Das Kopftuchgebot ist ein Teil einer generellen Kleidungsvorschrift im Islam. Und das Schweinefleischverbot ist nur ein Teil einer generellen Essvorschrift im Islam (und Judentum, und eigentlich auch Christentum). Muslime essen so viel mehr nicht, als nur kein Schwein. Warum stört sich niemand daran, dass ich auch kein Eselfleisch esse?

Menschen sind eben unterschiedlich. Das ist gut so. Warum müssen sich Menschen immer noch dafür rechtfertigen, halal zu essen, koscher zu essen, vegetariere zu sein, veganer zu sein, Alkohol zu meiden usw. In Deutschland solte doch jeder selbst entscheiden dürfen, was er wie isst.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen. Es gibt sicher viel schönere Beispiele und Ideen.

Viel Erfolg in deinen Diskussionen und liebe Grüße an die Nörgler.

Selamlar,

B

10 Kommentare zu “Schwein und Sucuk in der Pfanne

  1. Michael Winkler
    13. April 2015

    Hmm, eins gibt mir dennoch zu denken und entweder ich habe es überlesen oder es kam nicht in der Frage drin vor – wessen Grill ist es denn?

    Wenn ich, der auch wenig bis kein Schweinefleisch ist, bei anderen zu Gast bin, gehört es aus meiner Sicht zum Respekt dazu, dass ich auch akzeptiere, was in dessen Grill oder in deren Pfanne alles liegt. Lösung: ich bringe meinen eigenen Grill mit.
    Wenn ich die Grillparty ausrichte, kann ich auch die „Regeln“ bestimmen und wenn mich Schweinefleisch stört, dann kann ich vorher meinen Gästen mitteilen, dass sie sich bitte einen eigenen Grill oder eine eigene Pfanne mitbringen sollen, wenn sie auf Schweinefleisch nicht verzichten wollen.

    Bei allen religiösen Regeln, von denen ich persönlich viele zwar verständlich, doch ebenso für schwierig halte, geht’s doch letztlich darum, wie man eine Lösung findet, mit der alle leben können, oder?

    Und meinetwegen kann man solche Sinnfrage zwecks Helalwürstchen und Schweinesteak dann gern beim gemeinsamen Grillen auf zwei Grills klären bzw. erörtern 😉

    In diesem Sinne, Guten Appetit 🙂

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  2. Myriade
    13. April 2015

    @Michael: ja, da bin ich ganz deiner Meinung. Ich finde auch, dass das der Punkt ist. Natürlich kann jede/r essen und trinken und anziehen was er/sie möchte, aber man muss sich halt selbst um das entsprechende Umfeld kümmern. Für Gäste, die nach welchen Vorschriften auch immer essen und trinken eigene Grills, Pfannen, Teller, Bestecke bereit zu halten, finde ich doch etwas viel verlangt.Und natürlich macht diese Situation „inter-ideologische“ Freundschaften schwieriger, was ja sehr schade ist.

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    • Barbara
      14. April 2015

      Freunde sollten sich doch so gut kennen, dass sie von vornherein, die Bedürfnisse der Freunde berücksichtigen.
      Wenn ich weiß unter meinen Gästen sind Menschen die Helal essen, dann essen eben alle Helal. Bisher gab es weder Probleme noch Rechtfertigungen.
      Beim Grillen das Gleiche.
      Problematischer ist es in Kita, Kindergarten, Schule, Vereinen. Da herrscht immer noch Aufklärungsbedarf. Leider sind Erzieher, Pädagogen, Lehrer, Übungsleiter usw. trotz 50 jähriger Zugehörigkeit von Helal-essenden-Menschen mitunter noch sehr uninformiert.

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  3. Michael Winkler
    13. April 2015

    @Myriade
    Ein bisschen scheinen da ja Gastfreundschaft und religiöse Regeln zu kollidieren. Gemeinsames Essen ja, doch nur so oder so …
    Ich denke, dass hat Gott nicht gewollt 😉 … insofern, selbst ist der Muslim bzw. die Muslima bzw. die/der SteakfreundIn und eigenes Werkzeug (Grills, Besteck etc.) mitbringen. Das mag komisch aussehen, doch welche Alternativen gibt es denn?
    Entweder man redet vorher stundenlang, weshalb was wie ist … und sagt das Treffen dann vielleicht sogar ab … oder man spricht gar nicht mehr miteinander, weil alles so kompliziert ist 🙂

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    • Myriade
      13. April 2015

      Gar nicht mehr miteinander sprechen ist natürlich die schlechteste Variante.
      Es relativiert auch vieles: vegane Freunde kommen einem dann direkt unkompliziert vor ! Aber gut, bei einigem Bemühen werden sich auch irgendwelche Menüs finden, die alle essen wollen …..

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    • Barbara
      14. April 2015

      Auch daran kann man sich gewöhnen, wenn es einem um die Menschen geht und nicht darum wieso, weshalb, warum. Und irgendwann, hoffentlich, ist es dann das Normalste. Hoffentlich dauert es nicht nochmal 50 Jahre.

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  4. nuri
    14. April 2015

    „Islam Dini, kolaylıklar Dini’dir!“, bedeutet, dass der Islam eine Religion der Unkompliziertheiten ist.
    Es gibt mit Sicherheit eine praktische Lösung, die man vor Ort optimal lösen kann. In diesem Fall kann ich mir vorstellen, dass man die Würstchen einfach durch ein Blech, Alufolie etc. trennt.

    Erklärungen/Diskussionen sind in solchen Angelegenheiten immer etwas schwer. Der eine meint, seine Meinung sei die 100% Richtige, der Gegenüber meint das ebenso.

    Vorleben.

    Weil in den Facebook-Kommentaren „Fahrschule“ genannt wurde, hier noch eins:

    Theorieunterricht in der Fahrschule ist immer etwas anderes und etwas unverständlicher, als dass man es dann selbst am Steuer erlebt.

    Genauso mit den Diskussionen darüber: vorleben, vormachen, wie man es am besten lösen kann und der Gegenüber wird schon Einsicht zeigen.

    Ich bin sicher: es gibt sie: die Ideallösung! 🙂

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    • Barbara
      14. April 2015

      Wir brauchen halt ganz, ganz viele informierte Vormacher 🙂 und weniger intellektuelle Diskutierer.

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  5. pöne
    26. April 2015

    Stirbt es etwa, wenn Schweinfleisch durch körpereigene Säfte zur Aufspaltung zum Nährwert geladen ist? Sind Menschen durch den Verzehr von Schweinefleisch etwa um die Kraft eines Schweines stärker oder durch das Leiden eines Schweines, indessen Todesängste singenden Quieken, geläuterter oder gar doch im Verzehr begriffen, dem purem Bösen anheim gefallen?

    Ich halte es mit Traditionen, bei allem Respekt, am liebsten nämlich gar nicht. Wenn einer dies das mag, oder eben nicht dies das mag, ok, persönliche (wie erlernte) Geschmacksnote – dergleichen aber eingebunden in unumstößlichen Traditionen, dessen Ritualisierungscharakter auf archaische Zeiten zurückreicht, dann ist in der Tat in (relativ) warmen Ländern ohne Möglichkeiten eines Kühlhauses, vom Verzehr von Fleisch im allg. Abzuraten, ist einem die eigene Gesundheit dann doch vorzüglicher.

    Schlußendlich möchte ich diese Debatte eigentlich nur noch belächeln, so weil die Nahrungssuche heutiger Massemenschen zwar öberflächlich schon zerbröselt an einer – für meine Begriffe Belanglosigkeit von religiösen Traditionen – unaufgeklärten Verhaltensweisen.
    Doch der Tradition des Kapitalismus aber, ist ’s scheißegal wat zu Fressen gibt und wie was wo ’s herkommt, solange Manufakturen – vorne Tier rein, hinten Wurst raus – industriell töten und die Rubel, Euros, Dollars, Dinar und weiß Gott noch rollen, wobei dazwischen, hinter hochglanz Stahlwänden die Hölle auf Erden manifestiert, so lange ist ’s doch gut? Hauste eben ’nen Blech zwischen der Schweine und der Rindviehcher, voila, kannste fressen schön gesund weil 0% Rassismus aber 100% Scheiße auf ‚m Teller.

    Der Absicht, mich meiner Ansichten wegen zu diskreditieren – bitte schön – Wort um Wort, Verstand um Verstand! Ansonsten …

    Grüße@all

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  6. Migos
    24. Februar 2016

    freunde, wer kommt denn in socleh situationen, multikulti hat versagt, jeder will doch mit seines gleichen zeit verbringen, essen, familie gründen, je nach worauf man bock hat, und wenn wir ein friedliches nebeneinander haben ist doch gut, einer glaubt halt immer aus der reihe tanzen zu müssen und möchte steuergelder, applaus und sonstige subventionen und sonderregelungen, wenn dieses selbstgerechte einfach abgestellt warden könnte und mann von anderen gruppen sich was abschaut, die auch anders sind aber alles unterm radar machen, dann ist doch gut machmut!!!!!

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 13. April 2015 von in Allgemein und getaggt mit , , .